100 Tote pro Tag: Deutscher Friedhof schafft Bestattungen nicht mehr

In einem extra aufgestellten Kühlcontainer stapeln sich bereits Särge mit Verstorbenen

In einem extra aufgestellten Kühlcontainer stapeln sich bereits Särge mit Verstorbenen

Foto: Jörg Hertle/Studio Franken/BR
Von: Adrian Mühlbauer

„Wir kommen mit den Einäscherungen und den Urnenbeisetzungen nicht mehr hinterher.“ Das sagt Gerhard Kratzer (63), Chef der Nürnberger Friedhofsverwaltung.

„Am Donnerstag hatten wir im Krematorium 100 Einlieferungen. Dank einer Nachtschicht haben wir weit mehr als die Hälfte erledigen können.“ 34 Leichen konnten aber nicht verbrannt werden!

Dieser Stau hat auch Auswirkungen auf die Lagerung der Leichen in Kühlräumen. 240 Plätze stehen zur Verfügung, doch die reichen nicht mehr. „Da ist im Prinzip alles voll, wir haben jetzt zwei zusätzliche Kühlcontainer angeschafft“, sagt Kratzer. Dort können 80 Tote gelagert werden. Doch auch nach der Einäscherung staut es sich.

„Urnenbeisetzungen sind auf unbestimmte Zeit verschoben worden“, sagt Kratzer. Erdbestattungen gehen vor: Die müssen in Bayern laut Gesetz 96 Stunden nach Feststellung des Todes erfolgen. Für Kratzer ist unklar, ob diese Frist in den nächsten Tagen und Wochen einzuhalten ist.

Hinterbliebene, die einen Termin für eine Urnenbestattung benötigen, müssen womöglich lange warten, bis sie Abschied nehmen können. Wochen, Monate? Kratzer: „Ich kann es nicht sagen.“

Corona habe für 30 Prozent mehr Sterbefälle gesorgt, hinzu komme eine ohnehin erhöhte Sterblichkeit im Winter. Kratzer: „Wir haben selbst auch durch Corona einen massiven Krankenstand, ich verschiebe das Personal schon, damit wir mit den Erdbestattungen durchkommen.“ Kratzer weiter: „Für eine Erdbestattung nehmen wir bei gefrorenem Boden den Presslufthammer.

Die kleine Öffnung für die Urne können wir damit nicht schaffen.“ Der erhöhte Aufwand bringt die Friedhofs-Mitarbeiter aber jetzt an die Grenze des Machbaren: „Das ist wirklich exorbitant.“ Mit dem Problem muss er sich nicht mehr beschäftigen: Kratzer ist ab morgen in Rente.

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Foto: BILD
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