Ausgabe Januar 2023

Rechte Systemsprenger: Die Politik mit dem Mythos

Das Malaja-Zemlja Kriegsdenkmal in Noworossijsk, Russland, 1.3.2022 (Pavel Neznanov via unsplash)

Bild: Das Malaja-Zemlja Kriegsdenkmal in Noworossijsk, Russland, 1.3.2022 (Pavel Neznanov via unsplash)

Der russische Überfall auf die Ukraine, darüber besteht Einigkeit, ist eine Schocklüftung im Raum westlicher Illusionen. Der Traum von einer friedlichen Weltgesellschaft ist ausgeträumt, und anstatt kooperativ zusammenzuwachsen, zerfällt sie in feindliche Großräume, in Blöcke und Einflusszonen. Künftig, so heißt es, stehen sich zwei Systeme unversöhnlich gegenüber. Auf der einen Seite der neue Ostblock aus Russland und China mit Führerkult, Ultranationalismus, Hightech-Überwachung, Willkür, Massenmanipulation, Gehirnwäsche, Straflagern und einem autoritär erstickten Dasein. Auf der anderen, der westlichen Seite bleibe trotz innerer Anfechtungen alles beim Alten. Nach Putins Krieg wissen Liberale wieder, warum sie auf der Welt sind. Sie verteidigen den letzten Hort der Freiheit. Sie verteidigen den aufgeklärten Westen.

Waschechte Demokratien gegen lupenreine Despotien: Die Beschreibung klingt griffig, aber sie greift nicht. Es fehlt der Hinweis, dass auch in westlichen Staaten Systemsprenger am Werk sind und entlang einer identischen ideologischen Linie die Axt an den Liberalismus legen. David Brooks hat recht, wenn er bemerkt, die „verbitterten Hassreden illiberaler Herrscher wie Putin, Modi und Jair Bolsonaro“ klängen genau so „wie die populistische Rhetorik, die die Trumpsche Rechte, die französische, die italienische und die ungarische Rechte benutzt“.[1]

Komplizierter gesagt: Der Systemkonflikt zwischen Demokratie und Autokratie beschränkt sich nicht auf geopolitisch getrennte Großräume, sondern wiederholt sich als asymmetrische Spiegelung im Binnenraum westlicher Gesellschaften. Anders als die populäre Behauptung von der neuen Weltspaltung Glauben machen will, wird „der Westen“ nicht nur von außen bedroht, sondern auch durch sich selbst.

In Italien regiert die Postfaschistin Giorgia Meloni, deren Partei sich mit einem Wappen schmückt, das unter anderem den Sarg Mussolinis symbolisiert. In Frankreich schleicht die schwarze Katze eines „geläuterten“ Faschismus durchs Gelände, sie ist, auch dank Putins Zufütterung, dick und fett geworden; fast 42 Prozent der Wähler schenkten Marine Le Pen bei der letzten Präsidentschaftswahl ihre Stimme. In Ungarn gewann mit Viktor Orbán ein Mann die Wahl, der mitten in Europa ein zweiter Putin werden möchte. Im österreichischen Nachbarland führten FPÖ-Mitglieder über Jahre mit dem Kreml ihr Tänzchen auf, und die Alternative für Deutschland unterhält herzliche Beziehungen zur rechtsradikalen russischen Intelligenz.[2]

Derweil erweckt in den Vereinigten Staaten der Journalist Tucker Carlson (Fox News) stellvertretend für eine Vielzahl „patriotischer“ Rechter den Eindruck, seine Liebe zur russischen Diktatur sei größer als die zur eigenen Demokratie. Auch der Klerikalfaschist Franco kommt wieder zu Ehren, der Republikaner Anthony Sabatini verbreitet dessen Parole „Ich verantworte mich nur vor Gott und der Geschichte“.

Das alles wäre bloß bizarr, besäßen die politischen Kämpfe in den USA nicht eine weltgeschichtliche Dimension. Für den Fall, dass der Putschist Donald Trump (oder einer seiner ideologischen Doppelgänger) die nächste Wahl gewinnt, könnte die Rechte im Herzland des Westens ihr autoritäres Projekt vollenden. Als Präsident, sagt Fiona Hill, die frühere Russland-Direktorin des National Security Council, habe Trump „im Verlauf seiner Amtszeit Putin sowohl in seinen politischen Methoden als auch in seinen Vorlieben stärker geähnelt als seinen amerikanischen politischen Vorgängern der jüngeren Zeit“.[3]

Blockübergreifende Bündnisse der Neuen Rechten

Um es auf eine Formel zu bringen: Während die Welt in feindselige Lager zerfällt, schmiedet die internationale Rechte blockübergreifende Bündnisse und arbeitet an einer historisch neuen Konvergenz der Systeme.

Das Kombi-Abo der »Blätter«

Ihre Vordenker organisieren Austauschdiskurse und machen mobil für einen globalen Kulturkampf gegen den Liberalismus. Aufschlussreich ist dabei, dass dessen Inhaltsstoffe aus jenem Mythen- und Gedankendepot stammen, mit dem bereits die Abwehrschlacht gegen Aufklärung und Französische Revolution gespeist wurde.[4] Doch während sich der Antiliberalismus des 19. Jahrhunderts weitgehend innerhalb der europäischen Nationalstaaten entfaltete, so operiert er heute auf Weltebene. Im orchestrierten Gleichklang und über Ländergrenzen hinweg besingen russische, amerikanische und europäische Rechte die Herrlichkeit von Reich und Vaterland und machen, so Timothy Snyder, Reklame für eine reaktionäre „Politik der Ewigkeit“.[5] Mit wachsendem Erfolg bringen sie die „Wahrheit“ der Mythen gegen „die totalitären Tendenzen im Liberalismus“[6] in Stellung, gegen die Ideen von Fortschritt und Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit.

Es ist nicht ohne Ironie, dass Intellektuelle, die vom Rückzug in nationale Räume träumen, weltweit dieselben Gewährsleute in den Zeugenstand rufen, vorneweg Edmund Burke, Friedrich Nietzsche, Martin Heidegger, Oswald Spengler, Julius Evola, Alain de Benoist sowie den deutschen Exportschlager Carl Schmitt.

Auch der gesichert konservative Philosoph Leo Strauss, der 1938 vor Hitler in die USA flüchten musste, ist ein gern zitierter Kronzeuge der antiliberalen Allianz und gehört sogar an chinesischen Universitäten zur Pflichtlektüre.[7] Vor allem das Claremont Institute nordöstlich von Los Angeles steht ganz im Zeichen von Strauss’ Liberalismuskritik, und man sagt nichts Falsches, wenn man die „Claremonsters“ als intellektuelle Eskorte der trumpistischen Revolution bezeichnet. Am Institut lehrt zum Beispiel der Jurist John Eastman, der Trump im Vorfeld des Kapitol-Sturms beratend zur Seite stand, und Senior Fellow ist jener Glenn Ellmers, der dem Ex-Präsidenten Versagen vorwirft. Trump habe die Disziplin gefehlt, um das „postamerikanische Amerika“ endgültig umzustürzen und eine Konterrevolution anzuzetteln. Zerstörung, nicht Bewahrung müsse das konservative Prinzip sein. Alles, auch die „großen Kirchen, die Universitäten, die Populärkultur und die Unternehmenswelt sind durch und durch verdorben […]. Was wir brauchen, ist ein Staatsmann, der sowohl die Krankheit, an der die Nation leidet, als auch die revolutionäre Medizin, die zur Heilung erforderlich ist, versteht.“[8]

Die Linke wiederholt ihre alten Fehler

Weit vor den Wahlen in Italien hat sich der englische Politikwissenschaftler und Autor Paul Mason alarmiert darüber gezeigt, dass die Öffentlichkeit die Faszinations- und Verführungskraft rechter Bewegungen unterschätzt. Auch die Linken, schreibt er in seinem Buch „Faschismus“, seien nicht gut gerüstet und wiederholten ihre alten Fehler im Kampf gegen die Weimarer Reaktion.[9] Fixiert auf die rechte Ideengeschichte, seien sie blind für die kulturrevolutionären Strategien, mit denen die globalisierte Anti-Moderne auf vorpolitische Gefühlslagen zielt, auf Deklassierungsängste und Weltbewältigungsstress. Mit ihren Mythen, so Mason, bewirtschaften rechte Politiker eben nicht nur die Wut der Unterprivilegierten, sondern auch den Zorn der Unglücklichen; sie dringen in psychische Resonanzräume ein, die linken und liberalen Politikern verschlossen bleiben. Linke, so ließe sich mit Mason sagen, fordern das Vernünftige und Richtige; sie fordern höhere Mindestlöhne, höhere Renten, bessere Schulen, mehr Kitaplätze und mehr Gerechtigkeit sowieso. Die Rechte verspricht – solange sie in der Opposition ist – zwar ebenfalls mehr Gerechtigkeit, doch darüber hinaus verspricht sie noch viel mehr. Sie verspricht nicht bloß praktische Erleichterung, sondern existenzielle Erfüllung. Nicht einen verbesserten Alltag, sondern ein neues Leben.

Nichts an diesem Programm ist überraschend. Rechte Theoretiker wie Carl Schmitt haben den Liberalismus schon immer wegen seiner „blutleeren“ Nüchternheit angegriffen und die imaginative Armut seiner Verfahren beklagt. Weder im demokratischen Prozess noch in Fetischbegriffen wie Menschheit und Vernunft, schrieb er 1926, liege „der stärkere Mythus“; er liege vielmehr „im Nationalen“, im „Bewusstsein einer Schicksalsgemeinschaft“, in Tradition, Sprache, gemeinsamer Kultur. Nicht leblose Verträge, sondern lebendige Affekte, nicht blasse demokratische Prozeduren, sondern plastische Mythen bildeten „das Prinzip der politischen Wirklichkeit“. Gegen den kollektiven Enthusiasmus, den Mythen erzeugen, habe der „relative Rationalismus des parlamentarischen Denkens seine Evidenz verloren“.

Schmitts Paradebeispiel ist der italienische Faschismus. Weil Benito Mussolini erkannt habe, dass die Gesellschaft nicht von demokratischer Übereinkunft, sondern von mythischem Begehren getragen werde, sei es ihm gelungen, „unter bewusster Berufung auf den Mythos Menschheitsdemokratie und Parlamentarismus verächtlich beiseite“ zu schieben. Und das, nachdem der „nationale Enthusiasmus auf italienischem Boden bisher [...] ganz von der Ideologie des angelsächsischen Liberalismus beherrscht zu sein schien“.[10]

Überflüssig zu sagen, dass die Überzeugung, nur konkrete Mythen (und nicht abstrakte Verfahren) konstituierten „das Prinzip der politischen Wirklichkeit“, auch heute noch zum Glaubensbestand der kulturrevolutionären Rechten gehört. Niemand ist so besessen von schlagkräftigen Bildern und mythischen Formeln wie sie – „Gott, Familie, Vaterland“, so der Slogan der italienischen Postfaschisten –, und wenn die Sache nicht so ernst wäre, müsste man lapidar feststellen, dass die rechte Ideologieproduktion bloß die modulare Plattformstrategie der Autoindustrie kopiert. Das tragende Element ist überall identisch, es ist der Kampf gegen alles, was dem Autokraten störend im Wege steht, also unabhängige Gerichte, Medien, Künste, Wissenschaften und so weiter. Was dagegen je nach Land, Region und Gelegenheitsstruktur variiert, das ist die mythologische Lackierung des Produkts, die in Frankreich naturgemäß anders aussieht als in Polen.

Kulturkampf mit rechten Mythen gegen die »liberale Kultur«

Gewiss, auch in den Tempojahren der Globalisierung waren nationale Mythen nie vollständig verschwunden, einige erlebten sogar ein Revival. Der uniformierende Zwang, den das internationale Rechts- und Handelssystem ausübte, nötigte die Staaten dazu, durch Nation-Branding ein Alleinstellungsmerkmal zu erzeugen, ein kulturell zwar signifikantes, im Grunde aber beliebiges und politisch folgenloses Unterscheidungsmerkmal in der Arena der Weltgesellschaft. Heute, nach dem angeblichen Scheitern der Globalisierung, ist für rechte Vordenker die Ära der nationalfolkloristischen Selbsttätowierung vorbei. Die Kultur ist für sie kein Identitätsmarker mehr, keine Rest- und Randerscheinung in der Moderne, sondern ein Selbstbehauptungsmittel gegen die Moderne. Der Sieg über den Liberalismus, davon sind sie überzeugt, kann nur mit den Mitteln des Kulturkampfs errungen werden, mit der mythischen Reserve der Nation. Der Gegner heißt nicht Kapitalismus. Der Gegner heißt „liberale Kultur“.

Erst vor diesem Hintergrund wird der zähe Eifer verständlich, mit dem rechte Programmplaner nach sagenhaften Vergangenheiten und völkischen Narrativen graben. Vor allem Ursprungsmythen erfreuen sich großer Beliebtheit, zum Beispiel heldenhafte Geschichten aus dunkler Vorzeit, zarte reichsrussische Regungen im Quellgebiet der Kiewer Rus, siegreiche Schlachten auf Amselfeldern, der Kosovo als mythische Wiege Serbiens oder das Sacrum Imperium des Abendlands im Ganzen. Hinzu kommen triviale synthetische Neuschöpfungen. Auch sie verschmelzen die Erinnerung an eine glorreiche Vergangenheit mit der Kritik an der elenden Gegenwart zum kontrastiven Versprechen einer wieder goldenen Zukunft. Neo-Mythen verheißen die Rückkehr in eine Zeit, in der die Nation groß, der Kapitalismus unschuldig, das Klima mild, die Männer weiß, die Verhältnisse patriarchal und der nationale Raum geschlossen war.

Die Zukunft als Wiederholung der Vergangenheit

Berühmt und berüchtigt ist das „Take back control“ der Brexiteers und ihr Mythos vom „Global Britain“: „Unsere gemeinsame Zukunft ist golden“ (Boris Johnson). In Frankreich stellt Marine Le Pen die Wiederkehr der Trente Glorieuses in Aussicht, jene zum Mythos gewordene Nachkriegsepoche, als das französische „Leben“ (ihr Lieblingswort) weder von Zuwanderern noch von deutschen Autos, noch von der mondialisation belästigt wurde. In den USA wiederum bilden nicht die 1950er, sondern die 1930er Jahre die Referenzepoche der Rechten. Damals tauchte zum ersten Mal der Schlachtruf „America First“ auf, übrigens als Kampfformel gegen Franklin D. Roosevelts New Deal. Damals wie heute ist es angeblich „das Volk“, das diese Politik einfordert, denn im rechten Weltbild ist das Volk revolutionär aus restaurativem Interesse. Der Sturm aufs Kapitol, weiß Putins Wunschkandidat Donald Trump, „stellte die größte Bewegung in der Geschichte unseres Landes dar, um Amerika wieder großartig zu machen“.[11] Wie der von Hedgefonds mitfinanzierte Brexit gezeigt hat, sind solche Neomythen kinderleicht zu fabrizieren und finden bei falschen Propheten rasend schnell Absatz, und zwar weltweit.

Längst ist die rhetorische Figur, wonach die Zukunft in der erlösenden Wiederkehr einer glücklichen Vergangenheit besteht, keine Spezialität der europäischen Rechten mehr, sondern existiert in allen möglichen Ausführungen, sogar in einer chinesischen. In seinem Buch „Alles unter dem Himmel“ preist der Pekinger Philosoph Zhao Tingyang eine uralte chinesische Herrschaftsordnung an, die zum Mythos verklärte „Tianxia“. Aufgrund ihrer föderalen Struktur sei sie bestens dazu geeignet, das amerikanische Modell der Globalisierung abzulösen und einer vom kapitalistischen Konkurrenzliberalismus zerfressenen Welt den Frieden zu bringen – die Zukunft liegt in der „Wieder-Holung“ der Vergangenheit.[12] Verblüffend ähnlich argumentiert Alexander Dugin. Zwar ist dem rechtsradikalen Moskauer Philosophen jede unipolare Weltordnung zuwider, selbst eine chinesische, doch auch das Idol aller westöstlichen Querfronten ist davon überzeugt, nur die Wiederbelebung des Alten könne Russland davor bewahren, von westlicher Dekadenz überrollt zu werden. „Nihilistisch“ nennt Dugin den Westen deshalb, weil er das Lebendige auslösche: Zuerst neutralisiere er die Geschlechterpolarität, dann schaffe er den Menschen selbst ab und ersetze ihn durch Maschinen. Dugins Alternative ist ein retrofuturistisches Regime, das Kommunismus, Faschismus und Liberalismus zugunsten einer – im Sinne des Wortes – postmodernen Gesellschaft überwindet.

In seiner Schrift „Die Vierte Politische Theorie“ fordert er, kein Witz, die Umkehrung der Zeit, genauer: die Ersetzung der linear-progressiven Zeit der Moderne durch eine zyklische, original russische Traditionszeit.[13] Notwendig sei die Zeitrevolution deshalb, weil das moderne Fortschrittsversprechen sich an der Präsenz des Lebens versündige, an der Fülle des gelebten Augenblicks. Im Gegensatz zur chronisch enttäuschenden Westzeit sei die russische Zeit eine räumlich erfüllte Zeit, denn in ihr herrsche, wie im Mittelalter, temporale Gleichzeitigkeit. Die Ebenen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durchdringen sich wechselseitig und erscheinen als integraler Teil des Ewigen. Alles ist an seinem Platz, alles hat seine Ordnung und seinen kosmischen Sinn. „Die Moderne“, schreibt Dugin, „hat die Ewigkeit ermordet“ – und Russland mache sie wieder lebendig. „Wer darüber lacht, ist Gefangener der Moderne und ihrer Hypnose.“[14]

»Goldgrund Eurasien«

Es sagt viel über Dugins theorieadaptives Geschick, dass seine „Vierte Politische Theorie“ ihren kulturrevolutionären Honig aus dem postmodernen Konstruktivismus saugt. Wenn alles konstruiert ist, wenn die westliche Fortschrittszeit nur eine Erfindung ist, dann lassen sich die Verhältnisse politisch wieder ändern – das Zeitempfinden der Bürger „ist etwas, das durch die Politik institutionalisiert wird“.[15] Natürlich weiß Dugin, dass es kein Zurück gibt in eine „authentische“ Vergangenheit, weshalb es für seine Chronopolitik auch keine Rolle spielt, ob die aufgerufenen Mythen nun „echt“ oder synthetisch sind – Hauptsache, sie geben ein Weltdeutungsschema vor, das Seele und System nicht – wie im Liberalismus – trennt, sondern zur organischen Einheit des wahren, wieder „lebendigen“ Lebens verschaltet. Das ist kein harmloser Gedanke. Was als skurrile Nachgeburt des Konstruktivismus erscheint, entpuppt sich als ein Wiederverzauberungskonzept, das nur nach einem verlangt: nach dem Großinquisitor.

Man kann endlos darüber streiten, wie viel Einfluss Alexander Dugin auf den Kreml ausübt. Unzweifelhaft jedoch hinterlässt der Mythologe auch dort seine Spuren, wo er gar nicht groß zitiert wird, zum Beispiel bei Dimitrios Kisoudis. Der studierte Anthropologe arbeitet als Stratege im metapolitischen Dunstkreis der AfD und ist ein begeisterter Anhänger der eurasischen Idee einschließlich ihres irdischen Statthalters Wladimir Putin. Zum Glück, schreibt er in seinem Buch „Goldgrund Eurasien“, habe der russische Präsident nach kurzem Zögern dem europäischen Sirenengesang widerstanden und Russland auf den Weg der Wahrheit geführt, den Weg zurück in den Mythos. „Putin ist der Präsident, der als Europäer antrat und zum Eurasier wurde.“[16] Andernfalls wäre es Russland so ergangen wie Deutschland – es wäre zum ökonomistischen Vasallenstaat der USA degeneriert, zum Land ohne Zentrum und ohne Wahrheit. Das „nihilistische Geldwesen der EZB“, schreibt er, lasse sich „am ehesten durch das Action Painting des Jackson Pollock veranschaulichen, durch das von keiner kompositorischen Idee geleitete Verschütten von Farbe“.[17] Im Sog der universalen Auflösung sei „Deutschland bunt wie nie. Aber bunt sind auch die Zufallsgemälde des Schimpansen Congo“.[18]

Alles »Heilige« im Exil im Osten

Im Kern läuft Kisoudis Lamento auf den Befund hinaus, der Diversity-Liberalismus sei dem eigenen Säkularisierungsfuror zum Opfer gefallen und habe alles „Heilige“ gen Osten ins Exil getrieben. Heute ist es Russlands „autoritärer Liberalismus“, der dem Geflüchteten Asyl gewähre und ihm seinen angestammten Platz zurückerstatte, den Platz an der Seite der Macht. Putins Pakt mit der Orthodoxie bringe zusammen, was der Westen getrennt habe: das Heilige und das Profane, den Mythos und die Macht. Für Kisoudis ist Moskau das Dritte Rom; hier, in der „Präsidialdemokratie mit cäsaristischen Anklängen“, überwintert das Heilige unter der „Krakelee“ der Moderne. Russland, schreibt er mit Tränen in den Augen, sei „das eschatologische Ziel im Übergang der Imperien“. Dann zitiert er den Mönch Filofej: „Zwei Rome sind gefallen, aber das dritte steht, und ein viertes wird es nicht geben.“[19]

Fairerweise muss man hinzufügen, dass Kisoudis seine Stiefelleckerprosa vor Putins Barbarei in der Ukraine zu Papier gebracht hat, und vielleicht glaubt er inzwischen selbst nicht mehr, das russische Modell sei eine Alternative für Deutschland. Unerschütterlich aber scheint sein Glaube zu sein, Deutschland gehöre – rein metaphysisch gesehen – zum eurasischen Block und müsse an der Seite Russlands den liberalistischen Weltfeind bekämpfen. Kisoudis spielt hier auf die Verschwörungserzählung vom Great Reset an, wonach namenlose Davoser Eliten zusammen mit dem Silicon Valley ein „universalistisches“ Imperium errichten wollen, das alles Leben unter die Knute eines gleichmacherischen Liberalismus zwingt.

Verrückt? Nein, was bei Kisoudis wie eine rechtsradikale Spinnerei klingt, ist längst in bürgerliche Kreise eingesickert und dort salonfähig geworden. In den USA zum Beispiel malt die Edmund-Burke-Foundation ebenfalls den Teufel der „universalistischen Ideologie“ an die Wand und wagt in einem Manifest den Schulterschluss zwischen Radikallibertären, Konservativen und Rechten. Unterschrieben haben nämlich nicht nur der Platon-Kenner und PiS-Politiker Ryszard Legutko und der katholisierende Orbán-Fan Rod Dreher, sondern auch der (zwischenzeitlich von Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz unterstützte) Investor Peter Thiel, der auf die Spaltung des Landes zu wetten scheint und horrende Summen in Trumps Wahlkampf pumpt.[20] Auf den ersten Blick steht Thiels Ultraliberalismus im schroffen Gegensatz zur autoritären Staatsvorstellung jener Mitunterzeichner, die die Universitäten wieder nach nationalen Interessen ausrichten und missliebige linke Elemente durch Mittelentzug mundtot machen möchten. Doch auch Thiel, so scheint es, verspürt Sehnsucht nach dem starken Mann; jedenfalls sucht der Tech-Milliardär die Nähe rechter Influencer und glaubt nicht mehr daran, dass Freiheit und Demokratie zu vereinbaren sind.[21] Seinen deutschen Fans gefällt das. Im vergangenen Jahr erhielt Peter Thiel den Frank-Schirrmacher-Preis.

Globale Anarchie: Das Game of Thrones aus Kapitalismus und Nationalismus

Wer den Rückzug in die nationale Wagenburg predigt und jeden Gedanken an eine in Überlebensfragen kollaborative Weltgesellschaft zum linken Hirngespinst erklärt, der bekommt ein Problem: Er muss besorgten Bürgern verständlich machen, warum die globale Anarchie, das Game of Thrones aus Kapitalismus und Nationalismus, das alternativlos letzte Wort der Weltgeschichte sein soll.

Interessant ist, dass auch bei diesem Thema russische, amerikanische und europäische Rechte an einem Strang ziehen und eine gleichlautende, nämlich mythologische Begründung unterbreiten. Anders als man vermuten müsste, begnügen sich beispielsweise die MAGA-Republikaner (Make America Great Again) nicht mit der Doktrin der realistischen Schule, wonach jede zwischenstaatliche Kooperation am Fels des nationalen Interesses zerschellen muss.[22] Stattdessen behaupten sie, die natürliche Expressivität des Politischen, vulgo der gottgegebene Egoismus der Nation, dürfe nicht an der Entfaltung gehindert werden. Auf der freien Wildbahn der Weltgesellschaft, so hieße das, ist der Starke am mächtigsten allein, und er muss es auch sein, weil er sich nur auf diese Weise die Verliererstaaten vom Hals halten kann – jene free rider, die wie die innergesellschaftlichen „Versager“ und „Schwächlinge“ den Siegern das Leben schwer machen. „Es ist Zeit, dass wir ein bisschen grob werden, Leute. Wir werden von praktisch jeder Nation der Welt ausgenutzt. Das wird nicht mehr passieren.“[23]

Wer in diesen Trump-Sätzen das Echo sozialdarwinistischer Mythen aus dem Hochkapitalismus des 19. Jahrhunderts hört, liegt richtig. Wie der irische Publizist Fintan O’Toole in einem brillanten Essay gezeigt hat, erklärt sich auch Trumps tödliches Zögern bei der Pandemiebekämpfung aus einer intuitiven Nähe zum Sozialdarwinismus des 19. Jahrhunderts. In seinem mindset sind gesellschaftliche Krisen das funktionale Äquivalent zur natürlichen Auslese; sie lichten den nivellierenden Nebel der Gleichheit und trennen die Spreu vom Weizen. Oben ist wieder oben und unten wieder unten.[24]

Das mythische Recht des Stärkeren, Kampf statt Kooperation, Kulturrelativismus statt Universalismus: Angesichts dieses breiten Angebots werden die Rechten in Russland und Europa ihr Glück kaum fassen können. Wenn die konservative Elite der USA willens ist, den Universalismus einzuäschern und jeden normativen Selbstanspruch preiszugeben, dann ist der Westen am Ende.

Triumphator Alexander Dugin

Kaum einer dürfte darüber mehr triumphieren als der erwähnte Alexander Dugin, der schon seit längerem verkündet, die westliche Zivilisation sei „der Geschichte überdrüssig geworden“ und fände „keine Inspiration mehr in den hohen Horizonten ihrer Freiheit“.[25] Wie seine Mitstreiter hält er die Zeit für gekommen, die regulatorischen Ketten des internationalen Rechts abzustreifen und der Parole „Make Russia great again“ zu folgen. Dafür liefert Dugin eine globaldarwinistische Begründung, die ebenso gut aus der Feder von Trumpisten stammen könnte: Jeder Versuch, die „Elementargewalt“ eines souveränen Imperiums zu fesseln, hemmt dessen „existenzielle Energien“ und stellt „den Lauf der lebendigen, unvorhersagbaren Geschichte“[26] still. Dugin verachtet alles supranationale Recht und will es durch die natürliche „Kommunikation der Mächte“ ersetzen. Man darf sich nicht täuschen lassen. Das Wort „Kommunikation“ ist nur die semantische Ausgehuniform für eine Ontologie des Krieges, denn auch das Massenabschlachten zählt für Dugin zur normalen zwischenstaatlichen Kommunikation. Wie Tod und Opfer ist der Krieg ein natürlicher Bestandteil des geschichtlichen Lebens. „Praktisch alle bekannten Staaten wurden mit dem Schwert geschaffen“ – nur Frauen betrachteten dies „rein negativ“.[27]

Die mythische Behauptung, Tod und Opfer gehörten zur existenziellen Normalität der Geschichte, klingt klirrend abstrakt und lässt sich doch, wie die AfD bewies, in konkrete Politik verwandeln. Hatte die Partei in der Coronapandemie anfangs noch darüber geklagt, das gefährliche Virus werde von der Regierung sträflich unterschätzt, so vollzog sie über Nacht eine radikale Kehrtwende – plötzlich schien das Virus eine ganz normale Grippe zu sein, eine pandemische Bagatelle im gewöhnlichen Infektionsgeschehen einer Gesellschaft. Aufschlussreich war dabei der Versuch, die Elementardifferenz zwischen einem natürlichen und einem vermeidbaren Tod zu verwischen. Jeder Tod, so klang es aus Teilen der AfD, sei Teil des großen schicksalhaften Lebens, denn sterben müssten wir alle.[28] Kein Staat, das folgt daraus, darf sich anmaßen, durch übertriebene Schutzmaßnahmen und erst recht nicht um den Preis seiner wirtschaftlichen Selbstgefährdung in das tragische Walten des Schicksals einzugreifen. Kurzum, ohne diese mythische Prämisse bleibt unverständlich, warum Alexander Gauland die dramatische Zeile Friedrich Schillers zitierte „Das Leben ist der Güter höchstes nicht“ (übrigens ohne zu erwähnen, dass dieser Satz bei Schiller bloß die private Entscheidung einer Figur erläutert): Anstatt durch „Ermächtigungsgesetze“ einen „Ausnahmezustand“ herbeizuführen und die Normalität von Tod und Sterben zu bekämpfen, solle sich die Regierung Schillers Maxime zu eigen machen. Mit diesem Zynismus war die AfD international anschlussfähig. Auch auf Plakaten von Trumps Fanbase war die Forderung zu lesen, der Staat solle die Freiheit schützen und nicht den Tod abschaffen.

Die besondere Anziehungskraft rechter Mythen

Bleibt die Frage, worin die Anziehungskraft rechter Mythen besteht. Welche Ängste werden hofiert, welche Hoffnungen ausgebeutet?

„Statistisch gesehen“, schrieb Roland Barthes Mitte der 1950er Jahre, „ist der Mythos rechts. Dort ist er essentiell, gut genährt, glänzend, mitteilsam, geschwätzig, er erfindet sich unablässig“. Der linke Mythos will Veränderung, der rechte will Unverantwortlichkeit – er entpolitisiert die Gesellschaft, verwandelt ihre Verhältnisse zurück in Natur und behauptet deren Ewigkeit. Für rechte Mythen, so Barthes, gibt es nichts Neues unter der Sonne; sie erklären die Dinge für unschuldig und leugnen die Komplexität menschlicher Verhältnisse. Im Vergleich dazu bleibe der linke Mythos trocken und ungeschickt. Niemals erreicht er „das ungeheure Feld der menschlichen Beziehungen […]. Eine entscheidende Kraft, die der Fabulierung, fehlt ihm. Was er auch macht, es bleibt in ihm etwas Steifes und Wörtliches“.[29]

Barthes hat recht, die Macht der mythischen Fabulierung gehört den Rechten. Wer mythisiert, erzielt in einer bilderlos ernüchterten Gesellschaft plakative Effekte und besetzt die Gegenposition zur monotheistischen Religion. Dabei erinnern sich rechte Intellektuelle zunächst an die klassische Aufgabe von Mythen, an ihren „Kampf“ gegen den – so der Philosoph Hans Blumenberg – „Absolutismus der Wirklichkeit“. In diesem Fall dienen Mythen der Austreibung von Weltangst; sie bieten Globaldeutungen in unklaren Lagen und überführen eine „numinose Unbestimmtheit […] in nominale Bestimmtheit“.[30]

Der Boom der Verschwörungserzählungen

Das gilt auch für Verschwörungserzählungen. Auch sie versuchen, eine unverständliche Gegenwart fasslich zu machen; sie erfinden einen ungreifbaren Feind, der angeblich alles Leben in den Bann schlägt und überall seine Finger im Spiel hat. Solche Neo-Mythen stellen handliche Deutungsschablonen bereit, die die Realität vorsortieren und einen mentalen Kontrollgewinn versprechen. Zugleich machen sie Propaganda für das „Zurück in die Zukunft“, für die Rückkehr in eine Vergangenheit, die es nie gab.

Vielleicht kann man es so sagen: Reformistische Linke versprechen dem Bürger, das Leben gerechter zu machen; kulturrevolutionäre Rechte versprechen ein Leben, das in mythischer Alternativlosigkeit so unbeschwert lebendig ist wie früher, störungsfrei homogen und ohne das Korsett politischer Korrektheit. Lustvoll emittieren rechte Mobilisierungsexperten den Hass auf linke Volksfeinde, auf Ausländer, „das Kapital“ und den Juden George Soros. Skrupellos füttern sie die „befreiende“ Wut auf alles Normative und provozieren im Reich der niederen Dämonen einen obszönen Genuss bei der Übertretung von Moral und Verantwortung. Doch am Ende der Scheinrebellion wartet der Führer und verlangt Unterwerfung unter seine „durch Fakten unberührbar gewordene Gemeinschaft“.[31] So wird es kein Zufall sein, dass der gefährlichste Mann der USA lange Zeit eine TV-Sendung moderierte, die die ups and downs des kapitalistischen Wettbewerbs als fröhlich-fatalistisches Spektakel inszenierte. In der Reality-Show „The Apprentice“ gab Donald Trump jedem Kandidaten eine Chance, und wer sie nicht nutzte, für den hieß es: „You are fired“. Einmal mehr bestätigt sich hier Hans Blumenbergs Einsicht, dass mythische Erzählungen den Einzelnen zu einer Entscheidung zwingen. Er soll „seinen Adler erkennen und in das Entweder-Oder von Gefressenwerden oder Fressen eintreten“.[32]

Keine Frage, die Weltlage erzeugt eine stark erhöhte Nachfrage nach narrativer Beruhigung. Das Stakkato aus Krisennachrichten und Katastrophenbildern überfordert den seelischen Immunschutz und belastet die kognitiven Verarbeitungskapazitäten. Der Zerfall der Weltordnung, neue Kriege, endlose Machtkämpfe, Terror, Inflation, empörende Ungleichheit, Pandemien, Artensterben, Dürrekatastrophen, Monsterhurrikane, Erdfieber – die impertinente Krisendichte erzeugt das Bild einer unerzählbaren Gegenwart, in der es für den Einzelnen immer schwieriger wird, einen angstfreien Ort zu finden.

Die Konjunktur der rechten Internationale

Angesichts dieser Lage wittert die rechte Internationale ihre historische Chance. Sie präsentiert ein Sanierungsprogramm, das sich systemübergreifend als Soforthilfe versteht, als wirksames Überlebensrezept inmitten einer „gescheiterten“ Globalisierung. Im Kern kombiniert es einen als schicksalhaft akzeptierten Kapitalismus mit einem Präsidialregime und einem staatlich manipulierten Weltbild. Dass darin Mythen und Feinderklärungen eine entscheidende Rolle spielen, liegt auf der Hand. Beim Kampf um die künftige Macht dienen sie zunächst als Lock- und Botenstoff für sozial Gekränkte und Verunsicherte; sie absorbieren allfällige Ressentiments und leiten sie auf die Mühlen der Rechten, während die ökonomischen Machtverhältnisse selbst unbehelligt bleiben.[33] Doch sobald Rechte Wahlen gewinnen, wird sich die Funktion der Mythen ändern; dann füllen sie das Loch der verweigerten Demokratie und liefern den Legitimitätsbedarf für illegitime Politik. Armut und Entzivilisierung werden mythisch kompensiert, denn im rechten Erzählkosmos gehören Not und Opfer zur Tragik des Daseins. Wer Gerechtigkeit erwartet, der ist ein Träumer und verlangt zu viel vom Leben. Mit diesem trostlosen Trost ist der rechte Mythos ganz bei sich. Er erpresst die Einwilligung in den Weltlauf, die Totalakzeptanz von Macht und Markt. Im Mythos sind Wahrheit und Leben identisch.

Nein, Rechte sind keine Aliens, sie fallen nicht vom Himmel, und es wird kein Zufall sein, dass sie erst nach dem Beinahe-Crash des Finanzkapitalismus richtig Wind unter die Flügel bekamen. Kurzfristig hilft gegen die penetrante Mythisierung gewiss die Arbeit an den Tatsachen, denn Tatsachen sind Mythenkiller. Allerdings, selbst auf die Erderwärmung könnten rechte Weltbildmodellierer eine Antwort geben, und auch sie wäre an Menschenfeindlichkeit kaum zu überbieten. Man muss nur ein paar Sätze aus dem Werk von Ernst Jünger oder Martin Heidegger zusammenrühren, und schon erscheint die ökologische Katastrophe als höheres Geschick, als Veränderung der Seinsordnung. Der Text der Zivilisation vergeht, während die Melodie der Erde immer gleich bleibt. Der Mensch war wichtig, aber so wichtig nun auch wieder nicht.[34] Die Rechte trägt auch das mit Fassung, sprich: mit dem ihr eigenen Zynismus.

[1] David Brooks, Abschied vom Globalen Dorf, in: „Blätter“, 5/2022, S. 85.

[2] Vgl. Michel Reimon und Eva Zelechowski, Putins rechte Freunde, Wien 2017.

[3] „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ), 22.4.2022.

[4] Einen guten Überblick über die Gleichursprünglichkeit von Moderne und Antimoderne gibt Karl-Heinz Ott, Verfluchte Neuzeit, München 2022.

[5] Vgl. Timothy Snyder, Der Weg in die Unfreiheit, München 2018.

[6] Ryszard Legutko, Der Dämon der Demokratie, Wien 2017.

[7] Vgl. Mark Lilla, Reading Strauss in Beijing. China’s strange taste in Western philosophers, www.newrepublic.com, 16.12.2010.

[8] Glenn Ellmers, „Conservatism” is no Longer Enough, www.americanmind.org, 24.3.2021.

[9] Vgl. Paul Mason, Faschismus, Berlin 2022; vgl. ders., Das radikale Böse. Die unheimliche Wiederkehr des Faschismus, in: „Blätter“, 6/2022, S. 41-50.

[10] Carl Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, Berlin 1985, S. 88 f.

[11] Torsten Teichmann, „Höhepunkt eines versuchten Staatsstreichs“, www.tagesschau.de, 10.6.2022.

[12] Vgl. Micha Brumlik, Der Kampf der Weltanschauungen. China gegen den Westen: Von Kant über „Habeimasi“ zu „Tianxia“, in: „Blätter“, 10/2020, S. 81-90.

[13] Vgl. Alexander Dugin, Die Vierte Politische Theorie, London 2013, S. 70 ff.

[14] Ebd., S. 73.

[15] Ebd.; vgl. zur Chronopolitik Putins: Nils Markwardt, Angriff auf die Zeit, www.zeit.de, 20.3.2022.

[16] Dimitrios Kisoudis, Goldgrund Eurasien, Waltrop und Leipzig 2015, S. 47.

[17]  Ebd., S. 113.

[18]  Ebd., S. 114.

[19]  Ebd., S. 32.

[20]  Edmund Burke Foundation, National Conservatism: A Statement of Principles, www.theamericanconservative.com, 15.6.2022.

[21] Vgl. Peter Thiel, The Education of a Libertarian, www.cato-unbound.org, 13.4.2009.

[22]  Vgl. Herbert R. McMaster und Gary D. Cohn, America First Doesn’t Mean America Alone, www.wsj.com, 30.5.2017.

[23] Donald Trump, Rede beim National Prayer Breakfast, 2.2.2017.

[24] Richard Hofstadter hat gezeigt, dass diese Muster seit dem Gilded Age des späten 19. Jahrhunderts einen festen Platz im amerikanischen Denken haben. Vgl. Richard Hofstadter, Social Darwinism in American Thought, Boston 1992; vgl. Fintan O’Toole, Vector in Chief, www.nybooks.com, 14.5.2020.

[25] Alexander Dugin, Konflikte der Zukunft, Selent 2015, S. 166.

[26] Ebd., S. 157.

[27] Ebd., S. 161.

[28] Thomas Assheuer, „Das Leben ist der Güter höchstes nicht“, in: „Die Zeit“, 2/2021.

[29] Roland Barthes, Mythen des Alltags, Frankfurt a. M. 1964, S.138 f und S. 137.

[30] Hans Blumenberg, Arbeit am Mythos, Frankfurt a. M. 1979, S. 32.

[31] Dominik Finkelde, Phantaschismus, Berlin 2016, S. 49. – Den Hinweis auf die rechte Pseudo-Erlösung verdanke ich Thomas M. Schmidt.

[32] Hans Blumenberg, Arbeit am Mythos, a.a.O., S. 683.

[33] Vgl. Joseph Vogl, Kapital und Ressentiment, München 2021.

[34]  Vgl. Ernst Jünger, Siebzig verweht, in: ders., Sämtliche Werke, Band 4, Stuttgart 1982, S. 180.

Aktuelle Ausgabe April 2024

In der April-Ausgabe erklärt Bernd Ladwig den israelbezogenen Antisemitismus an den Universitäten mit dem Bedürfnis nach moralischer Eindeutigkeit. Jürgen Trittin plädiert für mehr Sachlichkeit in der Debatte über den israelisch-palästinensischen Konflikt. Simone Schlindwein erinnert an den Völkermord an den Tutsi in Ruanda vor 30 Jahren und seine erschreckende Aktualität. Ramachandra Guha zeigt auf, wie Narendra Modi Indien in ein Hindu-Reich verwandelt und dabei Demokratie und Pluralismus untergräbt. Frederico Füllgraf warnt vor dem großen Einfluss rechtsextremer Verschwörer im brasilianischen Militär und dessen Folgen für Lulas dritte Präsidentschaft. Und Tim Engartner und Michael Schedelik erklären, warum der Boom der Privatschulen keinen Ausweg aus der bildungspolitischen Misere hierzulande bietet.

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