Werders Jung verrät: In der Kabine bin ich der Fake-Spanier

Anthony Jung verpasste in dieser Saison nur ein Bundesliga-Spiel bei Werder

Anthony Jung verpasste in dieser Saison nur ein Bundesliga-Spiel bei Werder

Foto: osnapix
Von: MArkus Balczuweit und Joena Wohlenberg

Von Werder Bremens Außenbahn rückte Anthony Jung (32) in dieser Saison in die Abwehrkette – und ist dort wichtiger denn je.

Im BILD-Interview erklärt der Profi seine neue Rolle und spricht auch über seine bevorstehende Vertragsverlängerung beim Bundesligisten.

BILD: Am Samstagabend feierte Werder seinen Geburtstag. Haben Sie mit Klub-Legenden gefachsimpelt?

Jung: „Wir waren mit der Mannschaft am Abend sehr geschlossen unterwegs. Aber es war beeindruckend zu sehen, wer alles an diesem Tag dabei war, um Werders Jubiläum zu feiern. Der ganze Tag war besonders – die Choreo, die Unterstützung im Stadion. Es ist immer eine Riesen-Stimmung hier. Das Ergebnis war leider ernüchternd.“

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Quelle: BILD

Wie sehr hatten Sie daran zu knabbern?

„Es hat nicht nur an mir, sondern an allen genagt. Aber trotz Niederlage fühlt es sich so an, als würde sich hier etwas entwickeln. Die Formkurve steigt und mehr Klarheit entsteht – trotz des Ergebnisses letzte Woche.“

Für Sie läuft es seit Monaten blendend. Warum sind Sie in der Kette stärker als auf Außen?

„Die Position habe ich früher ja ursprünglich gespielt. Man hat dort mehr Einfluss und mehr Verantwortung. Ich profitiere dabei von meinem Stellungsspiel und kann einen Großteil meiner Zweikämpfe für mich entscheiden. Es ist definitiv anders als außen. In der Regel hast du da die schnellen Gegenspieler, auch wenn ich sicher nicht langsam bin. Das alles kommt mir in meinem höheren Fußballalter vielleicht etwas entgegen.“

Jung im Zentrum – warum nicht schon früher?

„Ich habe mich außen nicht unwohl gefühlt. Ich habe aber das Gespräch mit dem Trainer Anfang der Saison gesucht und die Überlegung angestoßen. Durch die Verletzungen im Kader hat es sich dann tatsächlich dahin verschoben. Ich bin jetzt auf der Position, auf der ich mich in Zukunft sehe.“

Julian Malatini steht vor seiner Startelf-Premiere. Wie macht er sich?

„Es läuft in den Abläufen sicherlich noch nicht alles optimal. Aber das braucht auch etwas Zeit. Er hat es gegen Heidenheim solide gemacht und zuvor ein Traumdebüt gegen Freiburg gegeben. Julian hat viel Potenzial, bringt sich viel ein und hat eine gewisse Qualität – dazu lernt er auch bereits die Sprache, was es noch einmal einfacher für ihn machen wird. Wir wollen ihn bestmöglich unterstützen.“

Können Sie als Halb-Spanier sprachlich helfen?

„In der Kabine nennen mich die Kollegen den ‚Fake-Spanier‘. Ich spreche leider gar kein Spanisch, bin komplett eingedeutscht. Im Kindergarten war das Spanische schon raus, berichtet meine Mutter. Wie es in dem Alter tatsächlich war, weiß ich selber ja nicht mehr. Neben Nelson haben wir mit Rafael Borre und Leo Bittencourt aber zwei, die es können. Vielleicht setze ich mich in Zukunft in einen Spanisch-Crashkurs.“

Wie bewerten Sie als Profi die anhaltenden Fan-Proteste?

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Quelle: Instagram: @m10_official

„Es gibt immer zwei Blickwinkel. Verständlich, dass Fans alles versuchen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Aus Spieler-Sicht ist es suboptimal, nach ein paar gespielten Minuten eine Unterbrechung zu erleben und gegebenenfalls reingeschickt zu werden. Die Ungewissheit zu haben, ob abgebrochen wird oder ob es weitergeht, hilft nicht unbedingt, den Fokus zu halten. Da muss man im Kopf sehr stabil sein und hoffen, dass nicht allzu viele Tennisball-Säcke mitgenommen werden.“

Sie brauchen eine bestimmte Anzahl von Spielen zur Vertragsverlängerung, die als Formsache gilt. Wie weit ist sie noch weg?

„Eine Hand reicht zum Zählen.“ (lacht)

Schon im Februar besteht de facto Planungssicherheit. Wie sehr hilft das?

„Je früher das in der Saison passiert, desto besser. Ich bin ja nicht allein hier. Frau, Kind und zwei Hunde sind involviert. Die beiden zuletzt Genannten wiederum wissen nur nicht so viel davon. Für mich ist es eine Bestätigung für mich selbst, für meine Leistung. Auch für die Aufopferung, die man täglich auf sich nimmt. Ich bin sehr glücklich mit 32 hier zu sein. Auch, wenn es mal ein bisschen lauter um mich wurde. Das, was wir hier bei Werder machen, damit kann ich mich zu 100 Prozent identifizieren.“

Wie viel ist sportlich dieses Jahr drin für Werder?

„Ich denke, dass wir uns selbst das Limit setzen. Wir haben gezeigt, dass wir Bayern und Freiburg schlagen können. Unser Ziel ist, die Entwicklung mitzunehmen und uns zu festigen.“

Ist Europa Thema in der Kabine?

„Wir wollen uns weiter verbessern. Aber wir haben kein konkretes Ziel definiert.“

Jetzt Köln. Ist das 1:7 aus der Vorsaison noch im Kopf?

„Wir haben viel mehr Sicherheit und ein ganz anderes Auftreten als Mannschaft. Das, was dort letztes Jahr passiert ist, spielt überhaupt keine Rolle mehr. Wenn wir am Freitag auf den Punkt genau da sind, wird es sehr schwer für Köln.“

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