Am Amtsgericht Tiergarten fand gestern der Prozess gegen Lukas Popp statt. Es ging insgesamt um neun Versammlungen, an denen der Unterstützer der Letzten Generation im Jahr 2022 beteiligt war. Teilweise wurde durch diese Versammlungen der Verkehr auf den Berliner Autobahnen zum Stillstand gebracht. Die Staatsanwaltschaft warf ihm in diesem Zusammenhang Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamt:innen und einmal auch Hausfriedensbruch vor.

Popp sieht das anders: “Alles was ich möchte, ist, dass geltendes Recht umgesetzt wird und die Bundesregierung ihrer Pflicht nachkommt, die Bevölkerung vor einer drohenden Klimahölle zu schützen. Mein Widerstand ist angesichts dieses Notstandes absolut rechtmäßig.

Unterstützung bekam der 24-jährige Maschinenbaustudent von einem der bekanntesten Politiker Deutschlands: Dr. Gregor Gysi übernahm persönlich die Verteidigung von Popp in der heutigen Gerichtsverhandlung.

Der langjährige Vorsitzende der Bundestagsfraktion „DIE LINKE“ und seit über 17 Jahren Bundestagsabgeordnete zur Dramatik des Klimanotfalls:

Ich habe es vor über zehn Jahren bereits gesagt. Es stimmte damals und stimmt heute leider noch viel mehr. Die drohende Klimakatastrophe gefährdet das Überleben der Menschheit. Das Leben unserer Kinder, Enkelkinder und Urenkel hängt davon ab, was wir jetzt tun. Es geht um die Verhinderung von massenhaftem Leid durch Flucht, Armut, Naturkatastrophen und neuartigen Kriegen. In dieser Menschheitsfrage muss Verantwortung und sozialer Ausgleich an die Stelle von kurzfristigen Gewinninteressen treten. Das ist eine Frage der Menschenwürde und diese ist bekanntlich unantastbar!

Gysi betont weiter: „Es wäre mit Sicherheit richtiger, robust und massiv gegen jene Vorzugehen, die unsere Lebensgrundlagen für ihre eigenen Gewinne zerstören, statt Klimaschützer einzusperren!

Seit Monaten werden immer mehr Stimmen aus der Politik laut, die der Letzten Generation ihre Unterstützung aussprechen. Der Verfassungsbruch der Bundesregierung ist auch für sie nicht hinnehmbar.

Das Gericht verzichtet darauf, sich eingehend mit dem aktuellen Klimanotfall auseinander zu setzen. Die von Gysi beantragte Ladung von Dr. Hans Joachim Schellnhuber – einem der Urväter der Klimawissenschaft und Gründungsdirektor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung – als Sachverständigen zu Klimafragen wurde vom Richter als irrelevant abgelehnt.

In seiner Schlussrede plädierte Gregor Gysi auf Freispruch in allen Anklagepunkten. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Strafe in Höhe von 110 Tagesätzen gefordert. Der Richter entschied sich schließlich das für ein Strafmaß von 90 Tagessätzen. Da Gysi ankündigte, Rechtsmittel einzulegen, dürfte das letzte Wort hier noch nicht gesprochen sein.

Für Lukas Popp ist nicht das Strafmaß entscheidend, denn schon über die Verhandlung an sich zeigt er sich bestürzt:

Ich verstehe nicht, wieso Menschen wie ich, die für notwendige Klimaschutzmaßnahmen protestieren, vor Gericht stehen und nicht Politiker:innen, die die verfassungsrechtlichen Ziele nicht einhalten. Meine kleinen Geschwister haben das Recht auf eine sichere Zukunft! Die Regierung zerstört diese Zukunft vor unser aller Augen.

Popp bedankt sich für die Unterstützung von Gregor Gysi und für den breiten Zuspruch, den er aus weiten Teilen von Politik, Kunst, Kultur und Zivilgesellschaft für sein Handeln bekommen hat.