Robert Habeck und die Grundrechte: Wie rassistisch ist der Vizekanzler?

Robert Habeck wurden nach der Video-Ansprache bereits Kanzlerqualitäten nachgesagt. Archivbild: Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen / CC0 1.0

Debatte um Migration, Integration und Islam: Video-Rede des Bundeswirtschaftsministers wird kontrovers diskutiert. Was sagt er im Klartext über Grundrechte von Muslimen?

Gerade ist wieder ein Bund-Länder-Gipfel zum Thema Migration zu Ende gegangen. Gegen zwei Uhr morgens einigten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten unter anderem auf eine Beschleunigung von Asylverfahren und eine Umstellung des Finanzierungssystems. "Unser gemeinsames Ziel ist es, die irreguläre Migration zurückzudrängen", versprach Scholz vor Medienschaffenden.

In einer viel beachteten Rede des Vizekanzlers und Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) ging es wenige Tage zuvor allerdings auch Rechte und Aufenthaltsstatus von Muslimen, die zum Teil schon seit mehreren Jahren in Deutschland leben.

Vor dem Hintergrund des Israel-Gaza-Krieges und teils antisemitischer Parolen bei Protesten hatte Habeck von Muslimen in Deutschland klare Bekenntnisse und Distanzierungen verlangt – unabhängig davon, ob sie bisher Gruppen oder Organisationen angehörten, denen konkrete Äußerungen vorgeworfen werden.

Hoch gelobt wurde die Rede zum Teil auch von bisherigen politischen Gegnern Habecks, die den Grünen insgesamt eine zu liberale Migrationspolitik vorwerfen.

Die hier lebenden Muslime haben Anspruch auf Schutz vor rechtsextremer Gewalt - zu Recht. Wenn sie angegriffen werden, muss dieser Anspruch eingelöst werden und das gleiche müssen sie jetzt einlösen, wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden. Sie müssen sich klipp und klar von Antisemitismus distanzieren, um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen.

Robert Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz

Kritisiert wurde die Ansprache aber nicht nur in klassisch linken Medien – wie etwa in der Tageszeitung Neues Deutschland (ND) als "höchst manipulativ" und zynisch. Habeck drohe den Muslimen in Deutschland faktisch mit dem Entzug von Sicherheit, wenn er sie alle – und eben nicht nur ihre Verbände – auffordere, sich in der aktuellen Situation "klipp und klar" von jedem Antisemitismus zu distanzieren, "um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen".

Dabei sei die Sicherheit von Muslimen gerade seit den Hamas-Angriffen auf Israel – ebenso wie die von Juden – viel stärker gefährdet als vorher. "Habeck aber weist ihnen die größte Verantwortung für Hass, Gewalt und Hetze zu und eben nicht deutschen Nazis", heißt es in dem ND-Kommentar.

"Variante es moralverbrämten Rassismus"

Auch im Spiegel nahm sich der Rechtswissenschaftler und Ex-Bundesrichter Thomas Fischer unter der Überschrift "Was müssen die Muslime Robert Habeck beweisen?" die Rede des Vizekanzlers vor.

Den Anspruch auf Schutz vor rechtsradikaler Gewalt hat der Staat gegenüber jedermann einzulösen. Den Anspruch auf Toleranz aber müssen Muslime sich verdienen, wenn sie ihn nicht unterlaufen (=verlieren) wollen.

Beides hat in Wahrheit verfassungsrechtlich, einfachrechtlich und faktisch fast nichts miteinander zu tun. Die Verrührung in einen einheitlichen Moralbrei ist Verdrehung auf hohem staatspropagandistischen Niveau.

Prof. Dr. Thomas Fischer, Bundesrichter a. D.

Auch Fischer liest aus der Ansprache die Drohung heraus, Muslime könnten ihr Recht auf Schutz vor rechtsradikaler Gewalt verwirken, wenn sie nicht "klipp und klar" darlegen, dass sie "unserer Meinung" sind.

Was er dabei nicht weiter vertieft, ist die Frage, wer überhaupt alles als Muslim gilt, da die Zugehörigkeit zum Islam in Deutschland nicht standesamtlich erfasst wird – die angegebene Zahl von 5,6 Millionen Muslimen in Deutschland stammt aus einer Studie der Deutschen Islam-Konferenz (DIK) – und wie weit der Begriff des israelbezogenen Antisemitismus gefasst wird, wenn es um Proteste gegen die Bombardements des Gazastreifens geht.

Nach Ansicht des Rechtswissenschaftlers erweist sich jedenfalls Habecks Ansatz als "stinknormale Variante des moralverbrämten Rassismus".