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Deutschland Sauerland-Gruppe

Terrorist in die Türkei abgeschoben – USA verlieren diplomatisches Tauziehen

Terrorist gegen Willen der USA in die Türkei abgeschoben

Einer der verurteilten Terroristen der Sauerland-Gruppe ist in die Türkei abgeschoben worden. Gegen den Willen der USA. Diese hatten seine Auslieferung gefordert.

Quelle: WELT/ Sebastian Struwe

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Nach WELT-Informationen ist der Islamist Adem Yilmaz heute in die Türkei abgeschoben worden. Bis zuletzt hatten die USA um seine Auslieferung gekämpft. Ein deutsches Gericht hatte das verhindert. Die Hintergründe.

Der Islamist Adem Yilmaz ist am Dienstagmorgen in die Türkei abgeschoben worden. Der 40-Jährige, verurteilter Terrorist der Sauerland-Gruppe, wurde „um 8 Uhr in einem begleiteten Abschiebeflug von Frankfurt nach Istanbul“ gebracht. Das erklärte Yilmaz‘ Anwalt Michael Murat Sertsöz im Gespräch mit WELT.

Das hessische Innenministerium bestätigte die Abschiebung am Nachmittag: „Nachdem durch das Generalkonsulat der Türkei in Frankfurt am Main ein Passersatzdokument für Adem Y. ausgestellt wurde, erfolgte am heutigen Tage die Abschiebung des islamistischen Gefährders in die Türkei.“ Am Mittag sei Yilmaz den türkischen Behörden übergeben worden. Laut Anwalt Sertsöz wurde der Türke am Flughafen in Istanbul direkt von Beamten vernommen.

Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, sagte dazu gegenüber WELT: „Wir sind zutiefst enttäuscht über die Entscheidung Deutschlands, heute morgen früh einen gefährlichen Terroristen in die Türkei abzuschieben, obwohl wir die Auslieferung an die USA beantragt haben.“ Adem Yilmaz sei für den Tod von US-Militärmitgliedern verantwortlich. „Dieses Versäumnis, ihn an die Vereinigten Staaten auszuliefern, verstößt gegen die Bedingungen und den Geist unseres Auslieferungsvertrags.“

Bis zuletzt hatten US-Behörden um eine Auslieferung von Yilmaz in die Vereinigten Staaten gekämpft. Laut amerikanischen Behördenmitarbeitern wurde den USA erklärt, dass Yilmaz nicht vor März abgeschoben werden würde.

Eine Sprecherin des Oberlandesgerichts Frankfurt erklärte WELT, dass am Montag ein Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf erneute Anordnung der Auslieferungshaft eingegangen sei. „Zur Begründung dieses Antrags war u.a ein Schreiben der zuständigen US-Behörden an das Bundesamt für Justiz beigefügt worden. Das Schreiben befasst sich mit der Frage der Auslieferung von Adem Y.“

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte eine Auslieferung in die USA jedoch in der vergangenen Woche für unzulässig erklärt. Deutsche Behörden hatten für den Fall einer Auslieferung rechtliche Zusicherungen gefordert, die US-Behörden angeblich jedoch nicht geben wollten. Konkret soll Amerika nicht bereit gewesen sein, Anklagepunkte gegen Yilmaz fallen zu lassen. Das deutsche Recht beinhaltet jedoch ein Doppelbestrafungsverbot.

„Hätten die USA die von Deutschland geforderten Zusicherungen gegeben, wäre mein Mandant wohl nach Amerika ausgeliefert worden. Dazu wollten sich die USA aber nicht hinreißen lassen“, erklärt Sertsöz. Sein Mandant sei froh, in die Türkei zu kommen, da ihn in Amerika ein hartes Strafmaß gedroht hätte.

Sertsöz sagt, er gehe nicht davon aus, dass die Türkei seinen Mandanten bei einem möglichen Antrag der USA ausliefern würde. „Er ist türkischer Staatsbürger und hat sich auf türkischen Boden nichts zuschulden kommen lassen.“

Bereits 2016 hatten die Vereinigten Staaten die Überführung von Yilmaz beantragt, um ihn in New York vor Gericht zu stellen. Dem Türken wird vorgeworfen, an drei Angriffen auf US-Soldaten 2006 in Afghanistan beteiligt gewesen zu sein. Er war am Hindukusch Mitglied einer dschihadistischen Splittergruppe.

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Elf Jahre hatte Yilmaz in Hessen hinter Gittern verbracht. Im Oktober 2018, nach Ende der Haftstrafe, kam er zunächst in Auslieferungshaft. Zuletzt saß Yilmaz nun in Abschiebehaft, da Behörden befürchteten, er könnte erneut in die islamistische Szene abtauchen.

Yilmaz ist türkischer Staatsbürger und wuchs mit seiner Familie im hessischen Langen auf. Als Mitglied der Sauerland-Gruppe hatte er vor elf Jahren Sprengstoffanschläge in Deutschland vorbereitet. Er wurde 2010 in Düsseldorf zu elf Jahren Haft verurteilt. Auch die anderen drei Sauerland-Terroristen wurden zu langen Haftstrafen verurteilt.

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