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G20-Gipfel in Hamburg Journalisten erhalten Informationen über Akkreditierungsentzug

Beim G20-Gipfel in Hamburg haben die Behörden mehreren Berichterstattern kurzfristig die Akkreditierung entzogen - offenbar fiel die Entscheidung in einigen Fällen auf fragwürdiger Grundlage.
32 Journalisten wurde der Zutritt zum Medienzentrum verwehrt

32 Journalisten wurde der Zutritt zum Medienzentrum verwehrt

Foto: Christina Sabrowsky/ dpa

Sechs Wochen nach dem Entzug ihrer Akkreditierungen beim G20-Gipfel in Hamburg haben die ersten betroffenen Journalisten nach Darstellung der ARD Auskunft vom BKA erhalten. Demnach basieren die Sicherheitseinschätzungen bei zwei Journalisten zum Teil auf falschen, zum Teil "auf eindeutig rechtswidrigen Einträgen in Verbunddateien".

Über den Berliner Fotojournalisten Florian Boillot sei sowohl in der Datei "politisch motivierte Kriminalität" als auch in der Datei "Gewalttäter links" das Strafdelikt "Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte" gespeichert. Von diesem Vorwurf sei Boillot allerdings schon im Mai freigesprochen worden. Damit hätte der Vorgang umgehend gelöscht werden müssen, zitierte die ARD den Bochumer Strafrechtsprofessor Tobias Singelnstein. Stattdessen habe der vom Berliner Amtsgericht zweifelsfrei widerlegte Vorwurf die alleinige Grundlage für die Einstufung des Journalisten als Sicherheitsrisiko und den Entzug der Akkreditierung gebildet.

Über den Fotografen Chris Grodotzki seien in der Datei "politisch motivierte Kriminalität" vier konkrete Delikte gespeichert. In zwei Fällen gehe es um die Beteiligung an gewaltfreien Aktionen der Umweltorganisation Robin Wood in den Jahren 2007 und 2008. Grodotzki sei damals 18 Jahre alt und noch nicht als Journalist tätig gewesen. Nach Einschätzung des früheren Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Peter Schaar, sei eine Speicherung dieser Daten über einen derart langen Zeitraum eindeutig verfassungswidrig.

Regierungssprecher führte "Sicherheitsbedenken" an

Grodotzki, der als freier Fotograf im Auftrag von SPIEGEL ONLINE vom G20-Gipfel berichtet hatte, bestätigte den ARD-Bericht. Insgesamt hatten in Hamburg 32 Journalisten ihre Akkreditierung kurzfristig verloren. Tatsächlich entzogen wurde sie neun. Der Grund dafür, so hatte es Regierungssprecher Steffen Seibert gesagt, seien "Sicherheitsbedenken" gewesen. Die Entscheidung darüber sei vom Bundespresseamt gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt (BKA) und dem Bundesinnenministerium getroffen worden.

Die beiden anderen Fälle bei Chris Grodotzki betreffen laut ARD politische Aktionen in Frankfurt und Hamburg, über die Grodotzki als Fotograf berichtet habe und bei denen seine Personalien erfasst worden seien. Dabei ging es um den Vorwurf des Hausfriedensbruchs und um einen möglichen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. In beiden Fällen habe er in einem Anhörungsbogen auf seine journalistische Rolle verwiesen und den Presseausweis in Kopie beigefügt. Obwohl die Sache damit geklärt schien und es keine weiteren Ermittlungen gegeben habe, werde er in der Verbunddatei weiter als Straftäter geführt.

In der Debatte um den Entzug der Akkreditierungen wurde immer wieder die Rolle ausländischer Geheimdienste thematisiert, zumal im Fall Grodotzki. Der einzige Eintrag, den das BKA selbst vorgenommen habe, beziehe sich auf die Türkei, berichtet die ARD. Aus dem Vermerk gehe hervor, dass Grodotzki vom BKA erst als Linksextremist eingestuft worden sei, nachdem dieser im Oktober 2014 im türkischen Diyarbakir zusammen mit weiteren Journalisten kurzzeitig festgenommen worden war.

suc/Reuters